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Dissoziative Identitätsstörung (DIS)

Autor: Henrik Schaarschmidt

Erläuterung:

Ein Trauma, ob Misshandlung, Missbrauch, Vernachlässigung, Erniedrigung oder akute Lebensgefahr, wie bei Verbrechen oder Krieg, ist für Betroffene immer mit dem Gefühl von Hilflosigkeit, Ohnmachtsgefühlen und dem Gefühl des Ausgeliefertseins verbunden. Das ist oft so schwer zu verkraften, dass Opfer sich den Tod wünschen, sich manchmal umbringen und den eigenen Körper ablehnen, ihn einfach nicht mehr spüren.

Dissoziation ist ein Schutzmechanismus unseres Gehirns, sie hilft Traumaopfern, das Erlebte zu "überleben".

Ein deutliches Kennzeichen ist "das Nebensichstehen", das Gefühl, das Geschehen zu sehen, als ob es jemand anderem passiert, quasi Zuschauer zu sein. Missbrauchte Kinder werden oft als "Tagträumer" bezeichnet, in Wirklichkeit sind sie der realen Welt "entrückt" und sind in einer Fantasiewelt, in der sie Schutz und Geborgenheit finden. Dabei wird manchmal die 2. Persönlichkeit geboren, die Beschützerpersönlichkeit.

Die Person, die dem Täter "gewachsen" ist, die ihm Einhalt gebietet, die Rache und Schutz für das Elend verspricht. Diese Persönlichkeit wird oft so stark erträumt und verinnerlicht, dass sie zur 2.Persönlichkeit wird.

Persönlichkeiten entstehen durch todesnahe Erfahrungen, die eine einzelne Person nicht ertragen kann.

So kann es passieren, dass innerhalb kurzer Zeit mehrere Personen entstehen, welche immer nur einen gerade verkraftbaren Teil des Erlebnisses übernehmen und erleben. Dies führt auch zu großen Problemen in der Therapie, da für die Verarbeitung zunächst ein großes Puzzle zusammengesetzt werden muss, um eine gesamte Situation vollständig erinnert zu haben. Jede Persönlichkeit hat also quasi seine eigene Aufgabe.

Es können Helferpersönlichkeiten sein, die als Beschützer fungieren, sie übernehmen einen Teil des Alltags, sie fahren Auto oder kommen in traumatischen Situationen nach vorne. Allerdings kann es auch passieren, dass im Alltag plötzlich eine Persönlichkeit erscheint, welche durch unbekannte Trigger vorgeholt wurde und sich nicht zu orientieren weiß. Durch die Amnesie, die zwischen den einzelnen Personen besteht, ist dann zum Beispiel nicht klar, wo man sich gerade befindet, welches Jahr gerade ist oder was gerade geredet wurde.

Die einzelnen Personen müssen also lernen, dass sie sich einen Körper mit vielen anderen teilen und müssen lernen, miteinander zu kommunizieren. Dies kann zunächst schriftlich erfolgen. Je mehr die Persönlichkeiten miteinander agieren können, desto einfacher wird das alltägliche Leben. Dies kann bis zur Integration führen, wobei umstritten ist, ob das Ziel der Integration ein gut funktionierendes System oder eine Einzelpersönlichkeit ist,


Text veröffentlicht mit Genehmigung des Autors Henrik Schaarschmidt.